AR Cloud – der logische nächste Schritt für Augmented Reality

Die Augmented Reality Cloud – oder kurz AR Cloud – ist eines der grossen Buzzwords, das im Zuge des rasanten Fortschrittes im Augmented Reality-Umfeld immer wieder auftaucht. Was man sich darunter genau vorstellen kann und wieso ihr so eine grosse Rolle zugeschrieben wird zeigen wir euch im Folgenden auf:

Eine Idee wie eine komplett augmentierte Welt aussehen könnte liefert uns mixed.place.

Was ist die AR Cloud?

Die AR Cloud ist die logische und konsequente Weiterentwicklung von Augmented Reality respektive des Internets.
Bereits heute umspannen Daten-Netze den Globus. Wir alle sind mit unseren Devices immer und überall miteinander verbunden und können so jederzeit auf alle möglichen Daten zugreifen. Je länger je mehr nutzen wir auch vereinzelt Augmented Reality-Anwendungen, bei denen wir fallbasiert bestimmte Daten im Raum anzeigen. Aktuell ist es jedoch noch kaum möglich, gemeinsam mit anderen mit denselben 3D-Modellen zu interagieren. Zudem platzieren wir die Modelle noch immer dort, wo es uns gerade passt. Diesen Zustand wird die AR Cloud radikal verändern.

Zusammengefasst ist die AR Cloud eine digitale Kopie der realen Welt, die als Layer über die echte Welt gelegt wird. Ein masstabs- und detailgetreuer, millimetergenau ausgerichteter virtueller Raum im realen Raum, sozusagen. Klingt kompliziert? Ist es aber nicht.

Ein weiteres Bild, allerdings eher mit einem bewusst provokativen, zum Nachdenken anregenden Einschlag zeichnet der Künstler Keiichi Matsuda in seiner Video-Serie “Hyper Reality”:

Auch wenn das Bild, das Matsuda zeichnet, natürlich etwas überzogen ist – der Grundgedanke wird anschaulich vermittelt: Mithilfe der AR Cloud verlassen die digitalen Daten das “2D-Gefängnis” unserer Devices und werden Teil der realen Welt. Das Internet drängt in den dreidimensionalen Raum.

Was braucht es für die AR Cloud?

Das Ziel ist also, die gesamte Welt mit einem digitalen Modell zu überlagern und digitale Daten an einem fixen Ort zu verankern. Doch wie soll das gelingen?

Die AR Cloud benötigt zum funktionieren drei Hauptkomponenten:

  1. Eine maschinenlesbare, millimetergenau an der Realität ausgerichtete Abbildung der Welt.
  2. Devices, die sich immer und überall sofort an diesem Abbild ausrichten können
  3. Die Möglichkeit, Inhalte im Modell zu platzieren und damit zu interagieren

Obwohl wir noch ein Stück von einer AR Cloud entfernt sind, gibt es in einigen Bereichen bereits vielversprechende Entwicklungen. scape.io beispielsweise arbeitet am 3D-Modell der Stadt London, in welchem dereinst AR-Inhalte verortet sein werden.

Doch auch auf Seiten der Geräte-Hersteller passiert gerade einiges. Unsere Smartphones verfügen über immer bessere Sensoren, mit denen sie sich im Raum zurechtfinden. Diese Entwicklung wird sich noch deutlich verstärken. Dies nicht zuletzt, weil Industrie-Schwergewichte wie Tim Cook oder Mark Zuckerberg nicht müde werden, die Bedeutung von AR zu betonen.

Ein Einblick in das Projekt von scape.io

Bedeutung der AR Cloud

Natürlich ist aktuell noch nicht vorherzusehen, wie wichtig die AR Cloud dereinst sein wird. Experten schreiben ihr jedoch eine immense Bedeutung zu. Die Prognosen reichen von “wichtiger als Googles Such-Algorithmus” über “bedeutsamer als Facebooks Social Graph” bis hin zur “wichtigsten Software-Infrastruktur der Geschichte”.

Dies mag auf den ersten Blick etwas gar hoch gegriffen klingen. Bei näherer Betrachtung tut kann man sich jedoch gut vorstellen, dass die Entwicklung unser Leben in bestimmten Bereichen grundlegend verändern kann. So wie die Suchfunktion beispielsweise die Art und Weise verändert hat, wie Menschen Informationen organisieren und konsumieren kann der Transfer der Daten-Welt in den realen Raum dem Internet grundsätzlich eine neue Dimension verleihen. Wenn die ganze Welt mit einem digitalen Layer überzogen ist und jedes Device sich permanent und sofort in diesem Layer orten und orientieren kann lösen sich einige Probleme zukunftsträchtiger Technologien von alleine. Selbstfahrende Autos beispielsweise wissen dann immer, wo sich andere Autos gerade befinden und sind zur Vermeidung von Unfällen nicht mehr auf potentiell fehleranfällige Sensoren angewiesen.

Nachdem das Digitale Zeitalter und die Mobilität des Internets durch Smartphones vieles auf den Kopf stellen konnten wird die “Spatial Era” die nächste grosse Disruption sein.

Veranschaulichung der AR Cloud mit den drei Ebenen Reale Welt, 3D-Modell und Real Time Content Layer:

Quelle: Open AR Cloud

Herausforderungen

Noch ist es jedoch nicht soweit. Auf dem Weg zur AR Cloud gilt es noch einige Hürden zu nehmen.

Einerseits ist es nur schon aus technologischer Perspektive unglaublich komplex, eine mehrdimensionale, Real Time-Abbildung der Welt zu erstellen. Dagegen mutet Google’s Street View-Projekt schon fast stiefmütterlich an. Andererseits stellt sich die Frage, ob es eine gemeinsame Cloud geben wird oder ob jedes Unternehmen ihr eigenes Abbild der Erde erstellt.

Aktuell geht die Entwicklung dahin, dass die bekannten Tech-Giganten wie Google, Facebook und Amazon ihre eigenen Plattformen entwickeln, die sie entsprechend vermarkten und zu monetarisieren versuchen werden. Daneben gibt es aber auch Bemühungen, gemeinschaftliche Open Source-Lösungen zu erstellen. Die Anbieter-Landschaft präsentiert sich also ähnlich wie bei den traditionellen Kartendiensten, wo Google Maps und Apple’s Map-Dienst mit offenen Plattformen wie Mapbox konkurrieren.

Ein Beispiel der Grossen: Facebook Reality Labs

Ausblick

Ein Blick in die Glaskugel zeigt nur eines mit grosser Wahrscheinlichkeit: Die AR Cloud wird kommen. In welcher Form, wird sich jedoch noch zeigen müssen. Denkbar ist, dass die heutige Infrastruktur von den grossen Playern für ihre eigenen Dienste genutzt werden wird und sich möglicherweise Branchen (Stichwort Verkehr) oder staatliche respektive internationale Akteure (zum Beispiel im Bereich der Luftfahrt) zusammenschliessen.

Klar ist aktuell nur, dass die technologischen Grenzen innerhalb eines überschaubaren Zeitrahmens fallen werden. Dies nicht zuletzt dank den Milliarden-Beträgen, welche die Industrie Jahr für Jahr ins Thema Spatial Computing investiert.