Die Psychologie hinter der Berechtigung

Eine App verliert 80% ihrer User*innen innerhalb der ersten drei Tage nach Download. Eine stolze Zahl! Einer der Gründe, für den «Absprung» ist der folgende Satz: «Diese App  benötigt Zugriff auf …» Jeder von uns kennt diese Anfragen und die Meisten werden bei der Frage nach der Berechtigung im ersten Moment skeptisch die Stirn runzeln. Es folgt ein Abwägen und Analysieren, ob man jetzt auf OK klicken soll, oder doch lieber ablehnt.  Vielleicht überlegt sich der eine oder andere auch, ob er die App unter diesen Bedingungen tatsächlich nutzen oder sie gleich deinstallieren möchte – Willkommen bei den 80 Prozent.

App Permission Handling bei Mobile Apps

Dass Instagram Zugriffsrechte auf die Kamera und die Galerie benötigt, ist nicht weit hergeholt und für die User*innen problemlos nachvollziehbar. Bild: unsplash, Claudio Schwarz

Das optimale «Permission Handling», wie diese Art der Zugriffsanfrage genannt wird, kann darüber entscheiden, ob User gewonnen, oder Nutzerinnen verloren gehen. Hier trifft die Psychologie auf User Interface Design. Wie fragen wir nach Berechtigungen? Wann fragen wir? Wie viele Informationen benötigen die User*innen, um eine Entscheidung zu treffen? Und wie viele Informationen wollen wir abfragen? Schliesslich soll die App keine Datenkrake werden. Für Maria Timonen, UX Design Lead bei Bitforge, sind diese Fragen Alltag. «Die Nutzenden sind mittlerweile sehr sensibilisiert darauf – auch schon Kinder. Das ist ein wichtiges Thema», erklärt sie. Bei der Planung des UI beachtet Maria drei zentrale Punkte im Umgang mit Berechtigungen, um es den User*innen so angenehm wie möglich zu machen, bei der Frage nach den Berechtigungen auf «Akzeptieren» zu klicken. Dazu gehört der situative Kontext, Transparenz und Flexibilität.

Der situative Kontext

Im Grundsatz gibt es zwei unterschiedliche Möglichkeiten, um den User*innen die kritische Frage zu stellen. Entweder direkt nach der Installation und dem ersten Start der App. Oder dann, wenn eine spezifische Funktion innerhalb der App aufgerufen wird, die einen bestimmten Zugriff benötigt. Sprich: Die App fragt nach der Berechtigung für die Kamera, wenn die Kamerafunktion genutzt wird. Die Anfrage erfolgt also im situativen Kontext. Das macht natürlich nur Sinn bei Apps, die entsprechend aufgebaut sind. Kann ich eine App ohne den Zugriff auf gewisse Daten gar nicht erst ausführen (z.B eine Messenger-App ohne Zugriff auf die Kontakte) macht es Sinn, diese Berechtigung beim Start der App einzuholen.

Transparenz auch bei der Abfrage

«Um diese App optimal nutzen zu können, benötigt sie …» Diesen Satz kennt beinahe jeder, der schon einmal eine App installiert hat. Er gehört zum Standard und die meisten Apps fragen genau so nach Zugriffsrechten. Allerdings fehlen hier die relevanten Informationen. Die User*innen möchten wissen, wozu die App die entsprechende Berechtigung benötigt. Die gängigsten sind:

  • Mikrofon
  • Standort
  • Kontakte
  • Fotos und Videos

(Hier findest du weitere Infos, wozu die Zugriffe häufig genutzt werden).

Vor allem bei nicht direkt deutlichen Zusammenhängen zwischen der Hauptfunktion der App und der Berechtigung ist Information das A und O. «Die Gründe für das Einholen von Zugriffsberechtigungen müssen transparent und ausführlich sein», so Maria. Es ist wichtig möglichst detailliert zu erklären, warum die App Zugriff auf die Kamera benötigt oder warum es wichtig ist, dass er oder sie die Kontakte freigibt. Je nachvollziehbarer diese Zusammenhänge, umso grösser die Bereitschaft der Anwender*innen, die Zugriffe zu gewähren. Transparenz ist dabei also essentiell.

Flexibel bei der Auswah

Sollte die App mehrere Zugriffe auf unterschiedliche weitere Apps benötigen, kann es sinnvoll sein, den Nutzenden die Möglichkeit zu geben, einzelne Berechtigungen in den Einstellungen selber ein- und auszuschalten. Dabei ist es wichtig, sie darauf hinzuweisen, welche Funktionalitäten bei welchen Berechtigungen nur eingeschränkt zur Verfügung stehen werden. Das klappt natürlich nur, wenn die App so konzipiert ist, dass sie auch mit eingeschränkten Berechtigungen weiterhin funktioniert, was nicht bei allen Applikationen der Fall sein muss. Grössere Flexibilität bedeutet dann natürlich auch mehr «Last» für die User*innen.. Damit er sich nicht durch zehn einzelne Zugriffsanfragen durchklicken muss, sollte man die nötigen Berechtigungen auf ein Minimum reduzieren – ganz nach dem Motto so wenig wie möglich aber so viel wie nötig.

Bei einer Augmented Reality App ist allen klar, dass Berechtigungen für die Kamera essenziell sind. WIe hier bei der AR-App von Coop Bau & Hobby. Bild: Bitforge

Es lohnt sich, bei der App-Entwicklung ein besonderes Augenmerk auf das «Permission Handling» zu legen und diese Thematik bereits in der Konzeptionsphase zu berücksichtigen. Etwas, das wir auch bei Bitforge immer einbeziehen. Die richtige Art, nach Berechtigung zu fragen entscheidet im Extremfall darüber, ob die App nach dem Download genutzt oder wieder deinstalliert wird. Zeitpunkt, Informationsgehalt und Flexibilität sind dabei zentrale Faktoren. Wer sie im Hinterkopf behält, ermöglicht seinen User*innen einen entspannten Klick auf «Zugriff erlauben».