Personas und wie wir damit bessere Apps entwickeln

User first: Das ist der wichtigste Grundsatz in der Entwicklung von digitalen Produkten im Rahmen von Collaborative UX Design. Doch wer sind die User:innen? Was sind ihre Bedürfnisse und «pain points»? Genauso wie es nicht «den einen» Nutzenden gibt, so lässt sich die Usergruppe nicht zu allgemein fassen. Ein idealer Mittelweg sind Personas: Eine detaillierte und personalisierte Beschreibung von unterschiedlichen User:innen, damit es es dem Entwicklungs- und Designteam möglich ist, sich nicht in eine schwammige Gruppe sondern in eine Person hinein zu versetzen.

Eine Persona ist mehr als ein symbolischer Platzhalter für die User:innen und es lohnt sich, Zeit in die Erstellung zu investieren. Bild: Bitforge

Die nötige Anzahl Personas

Personas gehören mittlerweile in unterschiedlichen Bereichen zum Standard und ersetzen die klassische Zielgruppen-Definition. Sei es im Marketing und Sales, wie aber auch in der Entwicklung von digitalen Produkten, Apps, Webseiten und Tools. Bei Bitforge sind Personas Teil des Entwicklungsprozesses im Rahmen des Collaborative UX Design. Dabei ist die Anzahl nötiger Personas zumindest hier bei uns immer stark vom jeweiligen Projekt abhängig.

«Meine Aufgabe ist es, bei jedem Projekt den Fokus zu finden», so Maria, unsere User Experience Designerin. Dabei kann der Fokus auf einer einzigen detailliert ausgearbeiteten Persona liegen. Bei breiter gefassten Zielgruppen können es gut und gerne auch drei oder mehr sein. Wichtig ist – egal bei welcher Anzahl – die Personas direkt am Anfang des Entwicklungsprozesses zu erarbeiten und dann über den ganzen Entwicklungszeitraum immer wieder mit einzubeziehen. (Mehr zu unserem «Design Thinking»-Approach hier.)

Emotionaler Anschluss statt generischen Infos

Doch worin besteht der Unterschied zwischen der Definition einer Zielgruppe und einer Persona? Die Antwort ist einfach: Wir können uns besser in eine einzelne, klar ausgearbeitete Person versetzen als in eine heterogene Gruppe. Wenn die Persona dann zudem noch ein Bild und einen Namen erhält, fällt uns die Verbindung leichter. Auch für Maria ist das ein wichtiges Kriterium: «Eine Persona gibt uns emotionalen Anschluss.» Es ist sozusagen ein Gesprächstool, um mit unseren potenziellen User:innen zu kommunizieren.

Werte und Ziele vor Alter und Anstellung

Michael Richter und Markus Flückinger schreiben in ihrem Buch «Usability Engineering kompakt», dass eine Persona die «für das Produktdesign relevanten Eigenschaften der Benutzenden widerspiegelt».  Dazu zählen Eigenschaften wie die Ziele der Nutzenden, Beruf, Funktion und Aufgaben, die Ausbildung und Verhaltensmuster, aber auch «weiche» Kriterien wie Werte, Ängste und Ziele im Leben. Ebenfalls zentral ist es, die Probleme und Herausforderung der Persona zu definieren – denn meistens sind es genau diese beiden Punkte, die wir mit unserem Produkt lösen möchten.

Aber Achtung: Wir haben die Tendenz, uns auf die harten Fakten wie Alter, Job und Ausbildung zu fokussieren, weil die für uns wichtig erscheinen, doch wie Richter und Flückiger festhalten, sind Kriterien wie Werte und Ängste – also Handlungsweisen von Menschen – viel wichtiger, da der Mensch von ihnen am stärksten beeinflusst wird. «Wenn wir die Werte der Nutzer:innen kennen und diese Werte in den Features oder dem Look & Feel widergespiegelt werden, dann ist das Commitment der User:innen höher, mit der App zu interagieren», erklärt Maria.

Ein Bild sorgt für Empathie

Um die emotionale Verbindung möglichst nachhaltig zu gestalten, empfiehlt es sich, ein Foto einer realen Person für die Repräsentation der jeweiligen Persona zu verwenden, anstatt auf eine Illustration oder einen symbolischen Platzhalter zurückzugreifen. Je «echter» die Person, die vor uns liegt, umso besser gelingt es uns, uns in ihre Bedürfnisse und ihre Probleme hineinzudenken.

Auf der Gratis-Bilderplattform unsplash findet sich unter dem Suchbegriff «Persona» eine breite Auswahl. Bild: unsplash

Datengrundlage für Personas

Bildet eure Personas auf keinen Fall auf Basis von Spekulationen und Klischees, sondern unter Berücksichtigung statistischer Daten. Das können klassische Statistiken sein, aber auch Umfrageresultate und andere gewonnene Informationen. Auch wir bei Bitforge arbeiten dabei entweder mit statistischer Datengrundlage oder führen Interviews mit Personen aus der Zielgruppe durch. «Aus diesen Interviews entstehen dann unsere Persona», so Maria.

Es lohnt sich, in möglichst detailliert ausgearbeitete Persona zu investieren, denn sie kommt im Idealfall während des gesamten Entwicklungsprozesses zum Einsatz. Sei es beim Beginn und der Definition des Produktes, über das Design bis hin zu Fragen in der Umsetzung, wie beispielsweise ob und in welcher Form Benachrichtigungen eingesetzt werden oder in welcher Form nach Berechtigungen gefragt wird. Nur schon die Frage danach, ob die Nutzer:innen technikaffin sind oder nicht, kann den Aufbau einer gesamten App verändern – je nachdem, wie viel Erklärungen nötig sind, um sie zu nutzen und alle Features zu kennen.

Zeitpunkt der Nutzung entscheidet

Wann wird die App genutzt? Auch diese Frage lässt sich durch eine Persona beantworten. Nutzen die User:innen das Produkt hauptsächlich ungestört zu Hause auf der Couch, benötigen sie selten einen zusätzlichen Reminder. Werden sie während der Nutzung jedoch ständig unterbrochen, weil sie App beispielsweise im Alltag, an der Migros-Kasse oder bei der Arbeit nutzen, berücksichtigen wir das beim Design. «Wir bauen dann Lösungen ein, damit es möglich ist, sich schnell neu zu orientieren, wenn man aus dem Fluss gerissen worden ist», so Maria. Das kann mit Remindern passieren, Push Notifications oder ganz einfach mit einer entsprechenden Nachricht, wenn die App wieder geöffnet wird.

Personas helfen also dabei, die User:innen besser kennen zu lernen, ihre Bedürfnisse und Anforderungen zu verstehen und in den Entwicklungsprozess einfliessen zu lassen. Dabei gilt:

  • Weniger ist mehr, auch bei Personas
  • Werte und Ziele sind zentral
  • Ein Bild hilft für die emotionale Bindung
  • Daten und Statistiken als Referenz nutzen
  • Das Umfeld und den Nutzungskontext der Persona nicht vergessen!